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Chargendokumentation / MDR
Das Wichtigste zur neuen Medizinprodukteverordnung (MDR)
Das Wichtigste zur neuen Medizinprodukteverordnung (MDR)

Die Übergangsfrist des MDR endet am 25.05.2021 und wir beantworten häufige Fragen rund um die bevorstehenden Änderungen.

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Verfasst von Sebastian Bruno
Vor über einer Woche aktualisiert

Wir haben für euch Informationen recherchiert, um euch den Einstieg und die Übersicht in das Thema MDR zu erleichtern. Die Informationen teilen wir gerne mit euch. Wir weisen aber darauf hin, dass wir keine Rechtsberatung anbieten und keine verbindlichen Aussagen bezüglich der Gesetzgebung machen können.

Warum ändert sich etwas?

Durch die neue EU-Medizinprodukteverordnung sollen Patienten vor fehlerhaften oder risikobehafteten Medizinprodukten geschützt werden.

Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Rückverfolgbarkeit, um bei einem Vorkommnis ein richtiges und schnelles Handeln (zum Beispiel durch einen Rückruf) zu gewährleisten.

Die Pflicht zur Umsetzung liegt zum größten Teil bei der Industrie - also den Herstellern - von Medizinprodukten. Aber auch die Zahnarztpraxis ist von der Verordnung als Anwender betroffen. Normalerweise sind die die Anforderungen der MDR Bestandteil des internen Qualitätsmanagementsystems.

Wawibox-Tipp: QMS (Qualitätsmanagementsystems) überprüfen und regelmäßig pflegen! Am besten mit externer Hilfe, um praxisinterne Ressourcen zu schonen.

Wen betrifft die neue MDR?

Die Pflicht zur Umsetzung liegt zum größten Teil bei der Industrie, also den Herstellern von Medizinprodukten wie beispielsweise Dental- oder Praxislabore. Da Zahnersatz, Schienen und kieferorthopädische Geräte als Sonderanfertigungen gelten, zählen Labore als Sonderhersteller. Aber auch Zahnarztpraxen sind als Anwender davon betroffen.

Was sind Sonderanfertigungen?

Auf Seite 15 der MDR werden Sonderanfertigungen wie folgt beschrieben:

„Sonderanfertigung“ bezeichnet ein Produkt, das speziell gemäß einer schriftlichen Verordnung einer aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation nach den nationalen Rechtsvorschriften zur Ausstellung von Verordnungen berechtigten Person angefertigt wird, die eigenverantwortlich die genaue Auslegung und die Merkmale des Produkts festlegt, das nur für einen einzigen Patienten bestimmt ist, um ausschließlich dessen individuelle Zustand und dessen individuellen Bedürfnissen zu entsprechen. Serienmäßig hergestellte Produkte, die angepasst werden müssen, um den spezifischen Anforderungen eines berufsmäßigen Anwenders zu entsprechen, und Produkte, die gemäß den schriftlichen Verordnungen einer dazu berechtigten Person serienmäßig in industriellen Verfahren hergestellt werden, gelten jedoch nicht als Sonderanfertigungen.

Was sind die Auswirkungen auf Praxis und Labor?

Für die Praxis bedeutet die MDR, dass das bereits bestehende QMS (Qualitätsmanagementsystem) überarbeitet werden sollte, oder gar ein QMS eingeführt werden muss. Praxislabore werden dabei als Hersteller von Sonderanfertigungen nach dem Medizinprodukterecht gesehen und sind ab jetzt verpflichtet ein QMS und Risikomanagementsystem einzuführen.

Warum besteht eine Dokumentationspflicht?

Weil so die Sicherheit und Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten gewährleistet wird. Die Verordnung sieht außerdem regelmäßige, stichprobenartige Überprüfungen der Dokumentation durch Benannte Stellen* vor.

*Benannte Stellen sind zur Überprüfung und zum Audit berechtigte Einrichtungen (öffentlich oder privatwirtschaftlich).

Was muss dokumentiert werden?

Es muss sehr viel dokumentiert werden! Eine Überprüfung und gegebenenfalls Überarbeitung oder Implementierung eine Qualitätsmanagementsystems ist zwingend notwendig, um im Fall eines Audits durch eine Benannte Stelle auf der sicheren Seite zu stehen. Auch Ihr Risikomanagementsystem muss gut dokumentiert sein. Besonders wichtig ist der Aspekt der Rückverfolgbarkeit. Stellen Sie sicher, dass mindestens alle Materialien, die längere Zeit im Mund verweilen zurückverfolgt werden können.

Wawibox-Tipp: Holen Sie sich dabei am Besten externe Hilfe, um Ihre Ressourcen sinnvoll einzusetzen.

Wer sagt mir, was ich unternehmen muss? Wo finde ich Beratung?

Viele Zahnärztekammern bieten Beratung an und stellen auf ihren Webseiten konkrete Ansprechpartner vor.

Ein wichtiger Schritt ist es, das praxisinterne Qualitätsmanagementsystem zu prüfen oder gar zu überarbeiten. Falls noch keines implementiert wurde, sollte dies jetzt geschehen.

Wawibox-Tipp: Wir raten dabei zu professioneller Praxisberatung. Der Wawibox-Talk mit dem Thema MDR-konforme Materialverwaltung wurde von der Praxisberaterin Carmen Rinker unterstützt.

Kontakt:

Was bedeutet “längere” Zeit im Mund verbleiben? Welche Chargen müssen konkret dokumentiert werden?

Auch wir konnten keine allgemeingültige Aussage darüber finden. Eine Orientierung bietet die MDR in den Klassifizierungsregeln der Medizinprodukte in Anhang VIII, Kapitel 1. Dort wird “langzeitig” folgendermaßen definiert:

1.3. “Langzeitig” bedeutet unter normalen Bedingungen für eine ununterbrochene Anwendung über einen Zeitraum von mehr als 30 Tagen bestimmt

Wawibox-Tipp: In diesem Fall lieber eine Doku zu viel als zu wenig! Wir raten Ihnen, sich im Zweifel an Ihre Zahnärztekammer zu wenden und um eine offizielle Empfehlung zu bitten.

Wie wahrscheinlich ist ein Rückruf?

Eine unserer Kolleginnen kann sich nach 20 Jahren Berufserfahrung (in der Praxis und in verschiedenen Depots) an insgesamt 3 Rückrufe erinnern. Ein Rückruf ist also unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.

Wer haftet bei einem Schaden?

Die Hersteller von Medizinprodukten (also auch Sonderanfertigungen) können für Schäden, die durch ein fehlerhaftes Produkt hervorgerufen werden, verantwortlich gemacht werden.

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