Scope 2 bildet eine der größten Quellen von Treibhausgasemissionen weltweit. Unternehmen können diese Emissionen auf verschiedene Arten reduzieren, indem sie den Strombedarf senken und/oder auf kohlenstoffarme Quellen umsteigen.
Die Berichterstattung zu Scope 2 basiert weitgehend auf dem Konzept der dualen Berichterstattung, die im Greenhouse Gas Protocol festgelegt ist. Diese Methode verlangt von Unternehmen, dass sie zwei Kategorien von Scope-2-Emissionen berichten: marktbasierte und standortbasierte Emissionen.
Die standortbasierte Methode reflektiert die Emissionen, die das Unternehmen als Folge der Nutzung des regionalen oder nationalen Stromnetzes direkt in die Luft abgibt, während die marktbasierte Methode reflektiert, ob sich Unternehmen bewusst für die Beschaffung von kohlenstoffarmen Strom entscheiden oder nicht.
Standortbasierte Scope-2-Emissionen werden auf Grundlage der durchschnittlichen Emissionsintensität des Netzes berechnet, in dem der Energieverbrauch stattfindet. Diese werden in der Regel jährlich aktualisiert. Die marktbasierten Scope-2-Emissionen können anhand der vertraglichen Vereinbarungen berechnet werden, die Unternehmen mit ihren Stromanbietern haben.
In Cozero musst du deine Emissionen nur nach der marktbasierten Methode berechnen. Die standortbasierten Scope-2-Emissionen werden automatisch auf Basis deiner Eingaben berechnet. Auf diese Weise erhältst du zwei Datensätze von Emissionen, die du für die Berichterstattung verwenden kannst.
Dieser Artikel gibt dir einen Überblick über den marktbasierten Ansatz und seine Methodik. Weitere Informationen zur Bilanzierung von Scope-2-Emissionen findest du im Artikel Strom.
1) Die marktbasierte Methode
Die Berechnung der Emissionen nach der marktbasierten Methode kann durch die Verwendung von Vertragsvereinbarungen erfolgen, die Unternehmen mit ihren Stromanbietern haben. Die Methode sollte daher an Standorten verwendet werden, an denen die folgenden vertraglichen Instrumente verfügbar sind:
Grünstromzertifikate (RECs, GOs, I-REC, etc.)
Stromkaufvereinbarungen (Power Purchase Agreements, PPAs) mit Energieerzeugern für kohlenstoffarme, erneuerbare und fossile Energie)
Ökostromprodukte von Energieversorgern
Wenn diese Verträge nicht vorliegen oder die Qualitätskriterien nicht erfüllt sind (weitere Informationen siehe unten), wird der Reststrommix verwendet: regionale Emissionsfaktoren, die die Emissionen repräsentieren, die verbleiben, nachdem Zertifikate, Verträge und lieferantenspezifische Faktoren in Anspruch genommen und aus der Berechnung entfernt wurden. Dieser Ansatz vermeidet eine Doppelzählung der Emissionen aus vertraglichen Instrumenten. Restmix-Faktoren sind nicht weit verbreitet und werden hauptsächlich in europäischen Ländern verwendet.
Wenn der Restmix nicht verfügbar ist, sollte die standortbasierte Methode verwendet werden (in diesem Fall sind die berichteten marktbasierten Scope-2-Emissionen identisch mit den standortbasierten Emissionen). In Cozero werden deine Emissionen automatisch mit der richtigen Methodik basierend auf den für deinen geografischen Standort verfügbaren Daten berechnet, wenn du die Aktivität “Rest- oder Strommix“ auswählst.
2) Bilanzierungshierarchie für marktbasierte Emissionen
Die verfügbaren Berechnungsmethoden für marktbasierte Emissionen sind unten aufgeführt, in der Reihenfolge der Präferenz. Unternehmen sollten diese Reihenfolge einhalten und die beste verfügbare Methode verwenden, um ihre Emissionen zu bilanzieren. Weitere Informationen findest du in dem Leitfaden GHG Protocol Scope 2 Guidance (Kapitel 6 und 10).
Berechnungsmethode | Emissionen |
Grünstromlieferverträge: umfassen direkte Stromkaufvereinbarungen (purchase power agreements, PPAs) für Stromquellen mit niedrigem oder null Kohlenstoffausstoß, einschließlich erneuerbarer Energien und Kernenergie.
Diese Option sollte verwendet werden, wenn du einen direkten Vertrag zum Kauf von erneuerbarem Strom von deinem Anbieter hast, der eine Zertifizierung über die Herkunft des Stroms enthält. Wenn die von dir verwendeten Grünstromzertifikate Teil des Stromvertrags sind, werden diese oft gebündelte RECs/GOs bezeichnet. |
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Grünstromzertifikate: umfassen z.B. ungebündelte Grünstromzertifikate (Renewable Energy Certificates, RECs) oder Herkunftsnachweise (Guarantees of Origin, GOs).
Diese Methode sollte verwendet werden, wenn ein Unternehmen Netzstrom ohne einen spezifischen Kaufvertrag verbraucht, aber separate Grünstromzertifikate erwirbt, um Emissionen auszugleichen. |
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Lieferantenspezifische Verträge: werden verwendet, wenn der Energielieferant einen spezifischen Emissionsfaktor für den bezogenen Strom bereitstellen kann. |
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Lokaler Strommix: wird verwendet, um den Stromverbrauch zu berechnen, der nicht von den vorherigen drei Methoden abgedeckt wird. |
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Was ist der Unterschied zwischen Grünstromlieferverträgen und Grünstromzertifikaten?
Diese verschiedenen marktbasierten Methoden führen beide zu null Scope-2-Emissionen, aber ihre vorgelagerten Auswirkungen variieren je nach Quelle. Dies resultiert aus den Mechanismen von Verträgen für Strom aus erneuerbaren Energien und der Art und Weise, wie diese die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien unterstützen.
Grünstromlieferverträge und gebündelte Grünstromzertifikate sind Verträge, die die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien direkt finanzieren. Diese Mechanismen gelten als ein stärkeres Mittel, um die Gesamtverfügbarkeit von erneuerbarem Strom zu erhöhen. Da der Stromvertrag und mögliche Zertifikate direkt mit dem erzeugten erneuerbaren Strom verbunden sind, werden die vorgelagerten Auswirkungen basierend auf dem Energietyp berechnet und erzeugen auch geringere Scope-3.3-Emissione als durchschnittlicher Netzstrom.
Grünstromzertifikate, die nicht zusammen mit dem Strom gekauft werden, werden in der Regel als ungebündelte Zertifikate bezeichnet. Diese werden separat vom Strom erworben und sind daher nicht mit dessen Erzeugung verbunden. Aus diesem Grund beeinflussen diese Mechanismen die Erzeugung von erneuerbarem Strom im lokalen Netz nicht direkt. Ungebündelte Zertifikate sind in Erwerb und Verwendung flexibler, aber ihre Auswirkungen auf die Steigerung der lokalen erneuerbaren Stromerzeugung sind dementsprechend schwach oder schlecht nachvollziehbar. Daher können diese Zertifikate verwendet werden, um zwar Scope-2-Emissionen auszugleichen, aber diese marktbasierte Methode gilt nicht für Scope 3. Die Emissionen für Scope-3.3 werden auf der durchschnittlichen Emissionsintensität des Regionalnetzes berechnet. Dies führt zu etwas höheren Scope-3-Emissionen im Vergleich zum direkten Kauf von Strom aus erneuerbaren Energien.
Unabhängig von der angewandten Methode ist es wichtig, dass du über die entsprechenden Nachweise verfügst. Dies ist wichtig für Zwecke der Berichterstattung und Transparenz. Zudem musst du in der Lage sein, die Art des Zertifikats nachzuweisen, wenn du deinen CO2-Fußabdruck verifizieren lassen möchtest.
3) Qualitätskriterien für Scope 2
Damit die marktbasierte Methode global einheitlich ist und genaue Ergebnisse liefern kann, müssen deine Vertragsinstrumente bestimmte Kriterien erfüllen.
Das Vorhandensein vertraglicher Instrumente in einem Markt, in dem ein Unternehmen tätig ist, verpflichtet zur Berichterstattung nach der marktbasierten Methode. Wenn die vertraglichen Instrumente die Kriterien nicht erfüllen, können alternativ andere Daten verwendet werden (z.B. Daten zum Rest- oder Strommix).
Verfügt ein Unternehmen innerhalb seiner gesamten Organisation nicht über Einrichtungen in Märkten mit derartigen vertraglichen Instrumente oder erfüllen keine Instrumente innerhalb des Unternehmens die in diesem Dokument geforderten Qualitätskriterien für den Scope 2, ist zur Berechnung des Scope 2 ausschließlich die standortbasierte Methode zu verwenden.
Alle vertraglichen Instrumente, die bei der marktbasierten Methode für die Bilanzierung von Scope-2-Emissionen verwendet werden, müssen: |
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Darüber hinaus müssen versorgungsspezifische Emissionsfaktoren: |
6. auf der Grundlage des gelieferten Stroms unter Einbeziehung von Zertifikaten, die im Namen der Kunden beschafft und entwertet wurden, berechnet werden. Strom aus Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, deren Attribute (über Verträge oder Zertifikate) verkauft wurden, wird im versorgungs- oder lieferantenspezifischen Emissionsfaktor mit den THG-Attributen des Restmixes gekennzeichnet. |
Darüber hinaus müssen Unternehmen, die Strom direkt von Erzeugern kaufen oder vor Ort erzeugten Strom verbrauchen: |
7. sicherstellen, dass alle vertraglichen Instrumente, die Emissionsansprüche übertragen, nur auf das berichtende Unternehmen übertragen werden. Für den vertraglich festgelegten Strom dürfen keine anderen Instrumente ausgestellt werden, die diesen Anspruch auf einen anderen Endverbraucher übertragen. Der Strom aus der Anlage darf nicht mit dem Anspruch auf THG-Emissionen für die Nutzung durch ein Versorgungsunternehmen verbunden sein, z. B. zum Zweck der Lieferung und Nutzung. |
Schließlich setzt die Verwendung eines vertraglichen Instruments bei der marktbasierten Methode voraus, dass: |
8. ein bereinigter Restmix, der die Treibhausgasintensität von nicht in Anspruch genommenem oder öffentlich geteiltem Strom kennzeichnet, für die Berechnung von Scope 2 für Verbraucher zur Verfügung gestellt wird, oder sein Fehlen vom berichtenden Unternehmen offengelegt wird. |
4) FAQ
4a. Wie funktionieren Grünstromzertifikate (Energy Attributes Certificates, EACs)?
Grünstromzertifikate werden als Nachweis für aus erneuerbaren Quellen erzeugten Strom ausgestellt. Jedes Zertifikat bestätigt, dass 1 MWh von einer bestimmten erneuerbaren Quelle, z.B. einer Wind- oder Solaranlage, erzeugt und in das Netz eingespeist wurde. Ein Zertifikat wird häufig zu Preisen gekauft, verkauft oder storniert, die durch einen Markt von Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Wenn ein zugelassener Energieerzeuger Strom generiert, erhält dieser für die entsprechende Menge Zertifikate, die er behalten, auf dem Markt anbieten oder an Dritte, z.B. Endverbraucher*innen, übertragen kann. Sie können mit dem Strom zusammen gebündelt oder ungebündelt, also separat, verkauft werden. Auf dem Markt für erneuerbare Energien sind diese Zertifikate zu einer Art Währung geworden, die den Käufer*innen hilft, ihre Entscheidung für nachhaltige Energie nachzuweisen und ihre Umweltauswirkungen zu verringern.
4b. Wie ist die marktbasierte Methode im Falle eines multiregionalen Unternehmens anzuwenden?
Verfügt ein multiregionales Unternehmen über irgendwelche Betriebe, auf die die marktbasierte Methode anzuwenden ist, muss die Gesamtsumme der marktbasierten Methode für das gesamte Unternehmen berechnet werden, um Vollständigkeit und Konsistenz zu gewährleisten. Für einzelne Betriebe im Unternehmen, für die die marktbasierte Methode nicht anwendbar oder verfügbar ist, sollten die Daten der standortbezogenen Methode verwendet werden, um die Emissionen des Betriebs zu berechnen. Für diese Betriebe sind die berechneten Scope-2-Emissionen der marktbasierten Methode identisch mit der standortbasierten Methode.
4c. Wie ist die marktbasierte Methode im Falle des Verbrauchs aus selbst betriebenen Anlagen oder bei Direktübertragungen anzuwenden?
In diesem Fall sollten die Unternehmen, da sie keine Zertifikate besitzen (die Zertifikate werden verkauft), ihre Emissionen anhand anderer Emissionsfaktoren der marktbasierten Methode berechnen. Wie z.B. anhand von „Ersatz“-Zertifikaten, einer lieferantenspezifischen Emissionsrate oder eines Restmixes (für die Gesamtsumme der marktbasierten Methode) und des durchschnittlichen Emissionsfaktors des Netzes (für die Gesamtsumme der standortbasierten Methode).
4d. Wie lassen sich Emissionsfaktoren mit Einheiten des Stromverbrauchs in Einklang bringen?
Jeder Einheit des Stromverbrauchs sollte ein geeigneter Emissionsfaktor zugeordnet werden. Bei der marktbasierten Methode bedeutet dies, dass für jede Einheit ein Vertragsinstrument oder eine Informationsquelle gewählt werden muss. Wenn ein Unternehmen beispielsweise Zertifikate für die Hälfte des Stromverbrauchs eines bestimmten Betriebs erworben hat, muss es für die Berechnung der Emissionen der restlichen Hälfte andere Instrumente einsetzen.
Unternehmen, die Grünstromzertifikate für alle Betriebe in einem Land oder einer Region zentral einkaufen, sollten angeben, wie sie diese Einkäufe mit dem Verbrauch der einzelnen Standorte abgleichen.
Unternehmen können Zertifikate von ihrem Lieferanten auch getrennt von den anderen Informationen zum Lieferantenmix verwenden. Dies gewährleistet eine gleichwertige Behandlung aller Zertifikate, unabhängig davon, wie sie beschafft werden.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:
Ein Energieversorger liefert seinen Kund*innen insgesamt 1.000 MWh Strom, von denen 200 MWh (20 %) aus emissionsfreien erneuerbaren Energien stammen, für die Grünstromzertifikate genutzt wurden. Jede/r Kund*in von diesem Versorger kann für sich in Anspruch nehmen, dass 20% seines/ihres Stroms aus erneuerbaren Energien stammen und mit Zertifikaten belegt sind. Wenn Kund*in A dieses Versorgers 2,5 MWh (von den insgesamt 1.000 MWh) verbraucht, kann er/sie 0,5 MWh erneuerbare Energie (von den insgesamt 200 MWh) ohne Doppelzählung geltend machen, jedoch nicht mehr als das. Um seinen/ihren gesamten Stromverbrauch mit Nullemissionszertifikaten zu decken, müsste Kund*in A zusätzliche 2 MWh an erneuerbaren Energien selbst kaufen.
5) Weitere Ressourcen