Das Auftreten von Muskelkater nach intensiver oder ungewohnter körperlicher Belastung ist ein weitverbreitetes Phänomen. In der Trainingspraxis stellt sich häufig die Frage, ob bei bestehendem Muskelkater weiter trainiert werden kann – insbesondere, wenn im Trainingsplan dieselbe Muskelgruppe erneut vorgesehen ist.
Im Folgenden erhältst du eine differenzierte Einschätzung auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Was ist Muskelkater (DOMS)?
Muskelkater – im Fachjargon als Delayed Onset Muscle Soreness (DOMS) bezeichnet – beschreibt Muskelschmerzen, die verzögert nach einer körperlichen Belastung auftreten. Typischerweise beginnt DOMS 12–24 Stunden nach Belastung, erreicht seinen Höhepunkt nach 48–72 Stunden und klingt innerhalb von 3–7 Tagen ab (Cheung et al., 2003).
DOMS ist primär das Resultat von Mikrotraumata in der Muskulatur und im umgebenden Bindegewebe (z. B. Faszien), insbesondere infolge exzentrischer Belastung. Entgegen früherer Annahmen ist die Ansammlung von Laktat nicht ursächlich (Wilke et al., 2018).
Die mikroskopisch kleinen Strukturverletzungen führen zu lokalen Entzündungsprozessen, die durch eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit, Steifheit und Bewegungseinschränkungen wahrgenommen werden.
Ist Muskelkater ein Indikator für effektives Training?
Nein. Muskelkater ist nicht gleichbedeutend mit Trainingserfolg oder Muskelwachstum. Studien zeigen, dass Muskelhypertrophie auch ohne das Auftreten von DOMS stattfinden kann (McDonald, n.d.). Entscheidend für Fortschritt sind vielmehr progressive Überlastung, adäquate Volumensteuerung, ausreichende Regeneration sowie langfristige Trainingskonsistenz.
DOMS kann jedoch ein Hinweis darauf sein, dass ein ungewohnter Reiz gesetzt wurde – z. B. durch neue Übungen, verändertes Tempo oder erhöhte exzentrische Belastung.
Training trotz Muskelkater – wann ist es vertretbar?
Ob ein Training trotz Muskelkater durchgeführt werden kann, hängt vom Schweregrad der Beschwerden und der Leistungsfähigkeit des Muskels ab:
Leichter Muskelkater
Leichte Muskelspannung oder Druckempfindlichkeit
Keine Einschränkungen im Bewegungsumfang
Keine signifikanten Leistungseinbußen
Empfehlung: Ein Training ist möglich, sofern eine vollständige Bewegungsamplitude schmerzfrei erreicht wird und die Aufwärmphase gut verläuft. Moderate Intensitäten und kontrollierte Technik sind essenziell.
Starker Muskelkater
Ausgeprägte Bewegungseinschränkungen
Schmerzen bei Alltagsbewegungen (z. B. Treppensteigen, Hinsetzen)
Druckempfindlichkeit, reduzierte Leistungsfähigkeit
Empfehlung: Die betroffene Muskulatur sollte in diesem Zustand nicht erneut stark belastet werden. Übungen für diese Muskelgruppe können ausgesetzt oder modifiziert werden. Die übrigen Inhalte der Trainingseinheit können wie geplant absolviert werden.
Wie kann Muskelkater reduziert oder vorgebeugt werden?
Vollständig vermeiden lässt sich Muskelkater nicht – insbesondere bei neuen Trainingsreizen. Die folgenden Maßnahmen können jedoch die Ausprägung verringern:
Progressive Belastungssteigerung: Keine abrupten Volumen- oder Intensitätssprünge. Halte dich möglichst an die Empfehlungen von MFC.
Gezieltes Aufwärmen: Mobilisation, Aktivierung und leichte Vorbelastung der Zielmuskulatur
Bewegungskontrolle und Technikqualität: Verringerung unnötiger mechanischer Belastung
Regeneration sicherstellen: Schlaf, adäquate Ernährung (v. a. Proteinzufuhr) und Stressmanagement
Was hilft bei bereits bestehendem Muskelkater?
Studienlage und Erfahrungsberichte empfehlen folgende Strategien zur Unterstützung der Regeneration:
Leichte körperliche Aktivität: Z. B. Spaziergänge, lockeres Radfahren oder Mobility-Training können die Durchblutung fördern (Medical News Today, n.d.).
Wärmeapplikation: z. B. warme Bäder oder Wärmepackungen zur Entspannung der Muskulatur.
Proteinreiche Ernährung: Unterstützt die Regeneration auf zellulärer Ebene.
Massage und Faszienarbeit: In moderater Form potenziell hilfreich, aber keine belastenden Behandlungen über schmerzhaftem Gewebe (Healthline, n.d.).
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Unterstützt Stoffwechselprozesse während der Erholung.
Muskelkater reflektiert Belastung – nicht Erfolg
Muskelkater ist ein normaler Bestandteil des Trainingsprozesses, insbesondere bei neuen Reizen. Allerdings ist er kein Qualitätskriterium für effektives Training. Leichter Muskelkater erlaubt – mit Umsicht – eine Fortführung des Trainings. Bei starkem Muskelkater ist eine gezielte Pause oder Umstrukturierung der Einheit ratsam.
Entscheidend für nachhaltigen Fortschritt ist nicht, wie stark ein Muskel nach dem Training schmerzt, sondern wie konsistent, systematisch und sinnvoll dein Training über Wochen und Monate strukturiert ist.
📩 Noch Fragen zur Trainingssteuerung oder Erholung?
Unser Support-Team steht dir jederzeit gerne zur Verfügung:
support@myfitcoach.de
Quellen
Quellen
Cheung, K., Hume, P., & Maxwell, L. (2003). Delayed onset muscle soreness: Treatment strategies and performance factors. Sports Medicine, 33(2), 145–164. Link
McDonald, L. (n.d.). DOMS and Muscle Growth. Body Recomposition. Link
Wilke, J., Schleip, R., & Klingler, W. (2018). Fascia in Sports and Movement. Elsevier.
Medical News Today. (n.d.). Delayed onset muscle soreness (DOMS): Causes, recovery, and prevention. Link
Healthline. (n.d.). Delayed onset muscle soreness (DOMS): Symptoms, causes, and treatment. Link